Augenzeugen der Pogrome auf dem Lietukis Garagenhof Kaunas 1941

 

 

Die Aussagen sind zufällig angeordnet!

 

 

Zeugenaussage Bischoffshausen

Zeugenaussage des ehemaligen Adjutanten beim Stab der Heeresgruppe Nord, von Bischoffshausen, vom 19. April 1959 betreffend dem Massenmord an der jüdischen Bevölkerung in Kaunas (Kovno)

"Der Stab der Heeresgruppe Nord - Generalfeldmarschall Ritter von Leeb - lag vor Beginn des Rußlandfeldzuges (vom 21.6. bis 1.7.41) in »Wald­frieden«, einem etwa 10 km von Insterburg entfernten Luftkurort.

Als Adjutant (IIa) dieses Stabes erhielt ich den Befehl, den Stab der in Kowno liegenden 16. Armee aufzusuchen und in Verbindung mit diesem für den Stab der Heeresgruppe dort Quartier vorzubereiten. Am Vormit­tag des 27. Juni traf ich dort ein. Auf der Fahrt durch die Stadt kam ich an einer Tankstelle vorüber, die von einer dichten Menschenmenge umla­gert war. In dieser befanden sich auch viele Frauen, die ihre Kinder hochhoben oder, um besser sehen zu können, auf Stühlen und auf Ki­sten standen. Der immer wieder aufbrausende Beifall - Bravo-Rufe, Händeklatschen und Lachen - ließ mich zunächst eine Siegesfeier oder eine Art sportliche Veranstaltung vermuten. Auf meine Frage jedoch, was hier vorgehe, wurde mir geantwortet, daß hier der »Totschläger von Kowno« am Werk sei. Kollaborateure und Verräter fänden hier end­lich ihre gerechte Bestrafung! Nähertretend aber wurde ich Augenzeuge wohl des furchtbarsten Geschehens, das ich im Verlaufe von zwei Welt­kriegen gesehen habe.

Auf dem betonierten Vorplatz dieser Tankstelle stand ein mittelgroßer, blonder und etwa 25jähriger Mann, der sich gerade ausruhend auf einen armdicken Holzprügel stützte, der ihm bis zur Brust reichte. Zu seinen Füßen lagen etwa 15 bis 20 Tote oder Sterbende. Aus einem Wasser­schlauch floß ständig Wasser und spülte das vergossene Blut in ein Abflußgully. Nur wenige Schritte hinter diesem Manne standen etwa 20 Männer, die-von einigen bewaffneten Zivilisten bewacht-, in stummer Ergebenheit auf ihre grausame Hinrichtung warteten. Auf einen kurzen Wink trat dann der Nächste schweigend vor und wurde auf die bestia­lischste Weise mit dem Holzknüppel zu Tode geprügelt, wobei jeder Schlag von begeisterten Zurufen seitens der Zuschauer begleitet wurde.

Beim Armeestab erfuhr ich sodann, daß diese Massen-Exekutionen dort bereits bekannt waren, und daß diese selbstverständlich das gleiche Ent­setzen und die gleiche Empörung wie bei mir hervorgerufen hatten. Ich wurde jedoch darüber aufgeklärt, daß es sich hier anscheinend um ein spontanes Vorgehen der litauischen Bevölkerung handle, die an Koll­aborateuren der vorausgegangenen russischen Besatzungszeit und an Volksverrätern Vergeltung übe. Mithin müßten diese grausamen Ex­zesse als rein innerpolitische Auseinandersetzungen angesehen wer­den, mit denen - wie auch »von oben« angeordnet worden sei - der litauische Staat selber, daß heißt, ohne Eingreifen der deutschen Wehr­macht, fertig zu werden hätte. - Die öffentlichen Schau-Hinrichtungen wären bereits verboten worden, und man hoffe, daß dieses Verbot aus­reiche, um Ruhe und Ordnung wieder herzustellen. - Am gleichen Abend (27.6.) war ich Gast des Armeestabes. Während des Abendessens trat ein Offizier des Armeestabes an den Oberbefehlsha­ber (Generaloberst Busch) heran und meldete diesem, daß die Massen­morde in der Stadt erneut begonnen hätten. General Busch erwiderte hierauf, daß es sich hier um innerpolitische Auseinandersetzungen han­dele, daß er momentan machtlos sei, dagegen vorzugehen, zumal ihm dies verboten worden sei, daß er aber hoffe, schon in Kürze andere Anweisungen von oben in Händen zu haben. - Die ganze Nacht hin­durch waren Gewehr- und M.G.-Salven zu hören, die auf weitere Er­schießungen außerhalb der Stadt, wahrscheinlich in den alten Fe­stungsanlagen, schließen ließen.

Am nächsten Tag sah ich keine solchen Hinrichtungen mehr in den Straßen, wie ich diese am Vortage erlebt hatte. Stattdessen aber wurden lange Kolonnen von jeweils 40 bis 50 Männern, Frauen und Kindern, die man aus ihren Wohnungen zusammengetrieben hatte, von bewaffneten Zivilisten durch die Straßen getrieben. Aus einer dieser Kolonnen trat eine Frau heraus, warf sich vor mir auf die Knie, und bat mit erhobenen Händen, bevor sie in rüdester Weise zurückgestoßen werden konnte, um Hilfe und um Erbarmen. Man sagte mir, daß diese Menschen in das Stadtgefängnis geführt würden. Ich nehme jedoch an, daß deren Weg unmittelbar zur Hinrichtungsstätte geführt hat.

Bei meiner Abmeldung vom Armeestab beauftragte mich der Oberbefehlshaber, die in Kowno herrschenden Zustände der Heeresgruppe zu melden. Ich erinnere mich, mit welcher Empörung, aber auch mit welcher Besorgnis meine dementsprechende Meldung bei der Heeresgruppe aufgenommen wurde. Aber auch hier glaubte man noch hoffen zu können, daß es sich tatsächlich um rein innerpolitische Angelegenheiten handelte. Im übrigen erfuhr ich nun auch hier, daß es von oberer Stelle verboten sei, von militärischer Seite aus irgendwelche Maßnahmen zu ergreifen. Dies sei ausschließlich Aufgabe des »SD«.

Nachdem der Heeresgruppenstab am 1.7. in Kowno Quartier bezogen hatte, war es in der Stadt selber ruhiger geworden. Das tägliche Zusammentreiben und Abführen von Zivilisten gehörte jedoch zur täglichen Erscheinung. Die Wachmannschaften trugen jetzt eine Art Milizuniform deutscher Herkunft. Unter diesen befanden sich auch Angehörige des »SD«, der - wie ich später erfahren habe - seine Tätigkeit schon am 24.6. in Kowno aufgenommen haben soll."

 

 

 

Bericht des Fotografen Wilhelm Gunsilius

Zu Beginn des Rußlandfeldzuges am Morgen des 22.6.1941 bin ich mit meiner Einheit nach Gumbinnen verlegt worden. Dort verblieben wir bis zum kommenden Dienstag, den 24.6.1941. An jenem Dienstag wurde ich mit einem Vorkommando von Gumbinnen aus nach Kowno in Marsch gesetzt. Dort kam ich mit der Spitze einer Heereseinheit im Laufe des Mittwoch vormittags (25.6.1941) an. Meine Aufgabe bestand darin, Quartier für die nachfolgende Gruppe zu machen. Meine Aufgabe wurde mir dadurch wesentlich erleichtert, weil wir auf vorher gemachten Luftbildern in Kowno bereits schon bestimmte Häuserblocks für unsere Einheit festgelegt hatten.

Wesentliche Kampfhandlungen in der Stadt fanden nicht mehr statt. In der Nähe meines ausgemachten Quartiers stellte ich am Nachmittag eine Menschenansammlung fest in einem nach drei Seiten umfriedeten Hof einer Tankstelle, der nach der Straße durch eine Menschenmauer abgeschlossen war. Dort fand ich folgendes Bild vor: In der linken Ecke des Hofes war eine Gruppe von Männern im Alter zwischen 30 und 50 Jahren. Es müßten etwa 45-50 Personen gewesen sein, die von einigen Zivilisten zusammengetrieben und im Schach gehalten wurden. Die Zivilisten waren mit Gewehren bewaffnet und trugen Armbinden, wie sie auf den Bildern, die ich damals machte, abgebildet sind. Ein junger Mann, es muß sich um einen Litauer gehandelt haben [...], mit aufgekrempelten Hemdsärmeln, war mit einer eisernen Brechstange bewaffnet. Er zog jeweils einen Mann aus der Gruppe heraus, erschlug ihn mit der Brechstange durch einen oder mehrere Hiebe auf den Hinterkopf. Auf diese Weise hat er innerhalb einer dreiviertel Stunde die ganze Gruppe von 45-50 Personen erschlagen. Von diesen Erschlagenen machte ich eine Reihe von Aufnahmen. [...]                                                               

Nachdem alle erschlagen waren, legte der Junge die Brechstange beiseite, holte sich eine Ziehharmonika, stellte sich auf den Berg der Leichen und spielte die litauische Nationalhymne. Die Melodie war mir bekannt, und ich wurde von Umstehenden belehrt, daß es sich um die Nationalhymne handle. Das Verhalten der anwesenden Zivilpersonen (Frauen und Kinder) war unwahrscheinlich, denn nach jedem Erschlagenen fingen sie an zu klatschen, und bei Beginn des Spiels der Nationalhymne wurde gesungen und geklatscht. Es standen Frauen in der vordersten Reihe mit Kleinkindern auf den Armen, die den ganzen Vorgängen bis zum Ende beigewohnt haben. Ich erkundigte mich bei Deutschsprechenden, was hier vorginge, dabei wurde mir folgendes erklärt: Die Eltern des Jungen, der die anderen erschlagen hat, seien vor zwei Tagen aus dem Bett verhaftet und sofort erschossen worden, weil sie als Nationalisten verdächtig waren, und das hier sei jetzt die Rache des jungen Mannes. Ganz in der Nähe lag eine Reihe toter Menschen, die nach Aussage der Zivilpersonen zwei Tage vorher von abrückenden Kommissaren und Kommunisten getötet worden waren.

Solange ich mich noch mit Zivilpersonen unterhielt, wurde ich von einem SS-Offizier angesprochen, der mir meine Kamera abverlangte. Ich konnte ihm dies verweigern, da ich erstens eine Dienstkamera hatte, und zweitens einen Sonderausweis vom Armeeoberkommando 16, der besagte, daß ich überall fotografieren durfte. Ich erklärte dem Offizier, daß er diese Kamera nur über Generalfeldmarschall Busch erreichen könnte. Daraufhin konnte ich ungehindert gehen.

Die komplette Aussage von Wilhelm Gunsilius am 11.11.1958 bei der Polizei in Blaubeuren als PDF  Aussage_Gunsilius herunterladen

 

Kaunas_Progrome_Aussagen_Gunsilius

Aussage des Wehrmachtsoldaten Wilhelm Gunsilius bei der Polizei Blaubeuren 1958

Aussage Gefreiter Karl Röder Bäckerkompanie 562

Ich gehörte im Sommer 1941 als Gefreiter der Bäckereikompanie 562, Feldpostnummer 07048, an, welche der 16. Armee zugeteilt war. Kurz vor Kriegsbeginn mit Rußland lagen wir in Rastenburg. Dortselbst erlebten wir auch am Sonntag, den 22. 6.1941, den Beginn des Rußlandfeldzuges. Am 23.6.1941 überschritten wir bei Wirballen die deutsch-russische Grenze. Noch am gleichen Tage kamen wir spät nachmittags in Kowno an, wo wir in einer russischen Kaserne, deren Namen mir nicht bekannt ist, Quartier bezogen. Während der Fahrt durch die Stadt Kowno, noch bevor wir unser Quartier erreicht hatten, sah ich auf einem Platz innerhalb der Stadt eine Menschenansammlung. Ich hielt mein Fahrzeug an, um nachzusehen, was dort los sei. Wegen der Menge der umherstehenden Personen und einer Mauer, mußte ich auf mein Fahrzeug klettern, um den Schauplatz überblicken zu können. Dabei sah ich dann, wie von litauischen Zivilpersonen mit verschiedenen Schlagwerkzeugen auf eine Anzahl von Zivilisten eingeschiagen wurde, bis diese keine Lebenszeichen mehr von sich gaben. Da ich nicht wußte, warum diese Personen auf solch grausame Weise erschlagen wurden, fragte ich einen neben mir stehenden Sanitätsfeldwebel, welcher mir persönlich nicht bekannt war. Er sagte mir, die erschlagenen Personen seien alle Juden, welche von den Litauern in der Stadt aufgegriffen und zu diesem Platz gebracht worden seien. Bei den Schlägern handelte es sich um entlassene litauische Zuchthäusler. Warum diese Juden erschlagen wurden, habe ich nicht erfahren. Ich konnte mir damals auch keine eigenen Gedanken über Judenverfolgungen machen, weil ich davon noch nichts gehört habe. Bei den zuschauenden Personen handelte es sich fast ausschließlich um deutsche Soldaten, welche aus Neugierde dem grausamen Geschehen zuschauten.

Als ich damals zu dem Platz kam, wo die Juden erschlagen wurden, mögen etwa 15 Leichen oder Schwerverletzte auf dem Platz gelegen haben. Es waren etwa 5 entlassene litauische Zuchthäusler gerade dabei, weitere Juden zu erschlagen. Die Zuchthäusler trugen, soweit ich sie erkennen konnte, teils weiße Oberhemden und dunkle Hosen, teils dunkle Trainingsanzüge. Da ich Fotoamateur war, habe ich von diesem einmaligen Ereignis, auf meinem Fahrzeug stehend, 2 Aufnahmen gemacht. Da der Film gerade durchbelichtet war, habe ich denselben dem Apparat entnommen, um einen neuen einzulegen. Im gleichen Augenblick wurde ich von einem Wehrmachtsbeamten im Offiziersrang, vermutlich ein Zahlmeister, gestellt und darauf hingeweisen, daß man von solchen Ereignissen keine Aufnahmen machen dürfe. Ich mußte ihm meine Personalien und meine Einheit angeben, und er hat mir den Apparat abgenommen. Die Lichtbilder konnte ich nur dadurch retten, daß ich den Film bereits entnommen hatte. Auf den von mir gefertigten Lichtbildern [...] sind deutlich 5 litauische Zuchthäusler zu erkennen, welche die Schlagwerkzeuge in den Händen tragen und gerade auf die am Boden liegenden Juden einschlagen. Teilweise sind auch noch Angehörige des litauischen »Freikorps« abgebildet, welche am linken Arm eine Armbinde trugen. Diese brachten laufend weitere Juden zu dem Platz, wo sie ebenfalls von den Zuchthäuslern erschlagen wurden. Die auf dem Boden liegenden Juden waren nicht alle gleich tot. Sie wurden, nachdem sie zum Platz geführt waren, ganz wahllos auf den Kopf oder ins Gesicht geschlagen, so daß sie zunächst benommen waren und zu Boden stürzten. Dann wurde von den Zuchthäuslern solange auf sie eingeschlagen, bis sie kein Lebenszeichen mehr von sich gaben. Dann wurden wieder andere Juden zu dem Platz geführt und diese auf die gleiche Weise ebenfalls erschlagen. Ich hielt mich insgesamt etwa 10 Minuten am Ort des grausamen Geschehens auf und ging dann weiter bzw. setzte meine Fahrt fort. Solange ich mich an dem Platz aufhielt, war ich Zeuge, wie etwa 10 bis 15 Juden erschlagen wurden. [...]

Bevor sie erschlagen wurden, haben die Juden gebetet und vor sich hingemurmelt. Auch die schon auf dem Boden liegenden schwerverletzten Juden haben teilweise noch vor sich hingebetet.

 

 

Hauptfeldwebel Lesch Bäckerkompanie 562

Ich war zu Beginn des Rußlandkrieges im Jahre 1941 Hauptfeldwebel der Bäckereikompanie 562, welche der 16. Armee unterstand. Im Frühjahr 1941 wurden wir von Frankreich nach Ostpreußen verlegt. Kurz vor Kriegsbeginn lagen wir in Rastenburg. Wenn ich mich recht erinnere, haben wir am 23. oder 24.6.1941 bei Stallupönen die Grenze überschritten und sind dann Richtung Kowno (Kaunas) gefahren. Das genaue Datum unseres Einrückens in Kowno kann ich heute nicht mehr sagen, doch sind wir vermutlich 2 oder 3 Tage nach der Einnahme der Stadt in Kowno eingetroffen. Die gesamte Einheit rückte meines Wissens in Kowno ein, ein besonderes Vorkommando war nicht erforderlich. Wir haben in einer alten russischen Kaserne Quartier bezogen und gleich angefangen, Brot herzustellen, um die Truppe zu versorgen. Vermutlich 1 Tag nach unserem Einrücken in Kowno wurde ich von einem Kraftfahrer meiner Einheit davon unterrichtet, daß auf einem ganz in der Nähe befindlichen Platze innerhalb der Stadt Juden erschlagen würden. Daraufhin begab ich mich zu dem beschriebenen Platze, wo sich nach meiner Erinnerung noch weitere Angehörige unserer Einheit eingefunden hatten, bzw. mit mir dorthin gegangen waren. Es war ein Platz in der Größe von etwa 20 Metern im Quadrat, der gepflastert war. Eine der Seiten des Platzes grenzte direkt an die Straße an, 2 Seiten waren von Häusern umgeben. Die Hinterfront des Platzes schloß an freies Gelände, vielleicht an einen Park, an.

Ich sah, daß dort Zivilisten, teilweise in Hemdsärmeln, teilweise in anderer Oberbekleidung, mit Eisenstangen bewaffnet andere Zivilisten totschlugen. Ob es sich bei den Opfern um Juden handelte, konnte ich nicht unterscheiden. Es ist aber damals die Bemerkung gefallen, es wären Juden, welche vor dem Einmarsch der Deutschen bei Geschäften die Litauer betrogen hätten. Von den in der Nähe befindlichen Soldaten, welche ich befragte, hörte ich, daß die Opfer aus persönlichen Rachegelüsten erschlagen worden seien. Als ich zu dem Platz kam, lagen dort schätzungsweise 15-20 Leichen. Diese wurden dann von den Litauern weggeräumt, und der Platz wurde mit einem Wasserschlauch von den Blutlachen gesäubert. Auf meine Frage, wo die Leichen hingebracht würden, erfuhr ich, daß diese zum Friedhof gebracht würden. Ich sah, wie die Litauer die Leichen an Händen und Beinen anfaßten und wegschleppten. Anschließend wurde wieder eine Gruppe von Delinquenten auf den Platz getrieben und gestoßen und von den mit Eisenstangen bewaffneten Zivilisten ohne größere Umstände einfach totgeschlagen. Ich habe bei der Erschlagung einer Gruppe von Delinquenten zugesehen und mußte mich dann wegwenden, weil ich dies nicht mehr mit ansehen konnte. Mir erschien dieser Vorgang äußerst grausam und brutal. Solange diese Personen erschlagen wurden, haben viele deutsche Soldaten und auch Litauer zugeschaut. Die Soldaten mischten sich in das Geschehen nicht ein, weder durch Zustimmung noch durch Ablehnung. Von den litauischen Zivilisten hörte man Zustimmungs- und Aufforderungsrufe.

 

Aussage Schmeink Bäckerkompanie 562

In der Mitte des Platzes war eine Senke zum Waschen der Wagen. Seitwärts spritzte einer mit einem Schlauch Wasser auf die am Boden liegenden Menschen, die sich teilweise wieder aufrichten konnten, dann aber erneut mit einem Eisengegenstand geschlagen wurden. Ich habe beobachten können, wie man mit Federblättern zuschlug.

Ich bin [...] hinzugekommen, als die Menschen am Boden lagen und bespritzt wurden. Dann kam die Forttragung der Leichen. Es wiederholte sich dann alles erneut. Aus der Gruppe der etwa 70 Männer waren die Leichenträger nun die neuen Opfer. Sie mußten sich um die Senke stellen und zwar im Halbkreis. Sie wurden dann von allen Seiten erschlagen. Es können 6 Personen gewesen sein, die geschlagen haben. [...] Ich habe natürlich gefragt, wer die Männer wären, die zuschlugen. Es sollte sich um lettische Freiheitskämpfer handeln. Ich konnte dies nicht begreifen. Die umstehenden Absperrleute hatten Armbinden an und trugen Karabiner. Geschossen wurde auf keinen Fall. Der Platz war umstellt mit neugierigen Wehrmachtsangehörigen, so war es auch mit mir. Wir konnten dies nicht fassen und haben uns nach einiger Zeit entfernt.

Ich habe den Vorfall soweit beobachten können, daß ich ankam, als die Leichen dort lagen und dann die nächsten erschlagen worden sind. Ich mußte dann den Platz verlassen, weil ich nicht mehr zusehen konnte. Meine Kameraden sind mitgegangen.

 

Die Aussagen wurden 1959/60 von der ZSt. der Landesjustizverwaltung  aufgenommen.

 

Aussage von Laimonas Noreika (Lietukis Augenzeuge)

 

“I can’t remember whether we left work early that day (my elder brother Albertas and I) or whether we went home at our usual time.  Opposite the Kovno cemetery at the corner of Greenwald St and Vytautas Boulevard there was a small garage, which serviced light vehicles.  A large crowd had gathered alongside the perimeter fence of the garage yard.  So we also went over to see what was happening. I keep asking myself whether I just imagined it all but I know I did not. 

 

Those horrific events have been burned onto my memory and will remain there until my dying day.  In the middle of the yard, in broad daylight and in full view of the assembled crowd, a group of well dressed, spruce intelligent looking people held iron bars which they used to viciously beat another group of similarly well dressed, spruce, intelligent people.  It was obvious the yard also served as a horse stable as animal droppings were littered everywhere. 

 

The assailants yelled the word “norma” (move it) repeatedly as they relentlessly battered the Jews until they fell to the ground and began gathering feces.  They kept hitting them until finally they lay inert.  Then, using a hosepipe for washing cars, they doused them with water until they came round following which the abuse would start all over again.  And so it went on and on until the hapless victims lay dead.  Bodies began to pile up everywhere.  I stood next to the fence and watched it all until finally, my brother Albertas pulled me away…”

 

 

Viera Silkinaite – Litauische Augenzeugin

 

Viera Silkinaite was interviewed by the BBC as she witnessed the brutal massacre at the garage:

“A man was being beaten, he was from a group of Jews. I could also hear Lithuanian spoken and swearing in Russian. I then realised that something serious was going on.

Some people stayed and watched, they screamed “Beat the Jews, beat the Jews.”

 

 

Alex Faitelson

 

Alex Faitelson  widmet in seinem Buch "The Truth and Nothing But the Truth" ein ganzes Kapitel den Morden an der Lietukis Garage.

 

Die Aktion sei klar von Litauern organisiert worden und widerspricht damit Spekulationen, dass die Einsatzgruppe A hinter den Morden steckt. Es seinen auch keine Racheaktionen von Litauern an KGB Personal, sondern Pogrome an unschuldige Juden, die  wahllos auf den Strassen von Kaunas aufgegriffen wurden.

 

Neben den oben genannten Zeugen, nennt Faitelson noch weitere Augenzeugen:

 

"Neighbours living over the Garage also gave evidence of all they had seen in the garage. Julius Vainiliavichius, who was seventeen at the time, gave an account on August 1, 1959 and Leonardas Survila, who was twenty-one at the time, confirmed his account an January 21, 1961:

 

The jews where ordered to collect hose manure in one heap  and when they had done this, they were ordered to wash. They washed in turn. Everybody who washed was forced to take the rubber hose into his mouth and rinse his mouth with the powerful Jet.

The jews refused and ran to one side.That's when the killing began. There were about ten to fifteen men with White armbands and they began to beat the Jews with anything at Hand: rifles, spades, heavy sticks and iron bars. Fifty wounded People lay on the ground and moaned and sceamed with pain. So they were hosed down with water and whoever came-to was killed. A truck with Jews drove into the Yard. They loaded the corpses into the truck and drove off."

 

Faitelson schreibt über die Suche nach den Mördern nach dem Krieg. Jonas Barshketis (sein Bruder Vytautas war Bodyguard von Antanas Sniečkus, Chef der litauischen KP), identifiziert Juozas Lukša als einen der Täter der Lietukis Massaker.

Lukša hatte ein bewegtes Leben, kämpfte bei den Waldbrüdern als "Daumantas" gegen die Besatzer und wurde als Fallschirmspringer 1950 wieder in Litauen abgesetzt. Er gilt in Litauen als Nationalheld. Und tatsächlich gibt es auch heute noch eine Straße in Kaunas, die nach ihm benannt ist. Im Jahre 2016 wurde in Litauen darüber diskutiert auch eine Straße in Vilnius nach Luksa zu benennen. Litauische Persönlichkeiten (Venclova) haben sich  in den Medien zu Wort gemeldet und davor gewarnt, Straßen nach Leuten zu benennen, die den Nazis in den Hintern gekrochen sind.

Nicht weit vom 9. Fort entfernt!  (In diesem Zusammenhang sollte die Lektüre von Juozas Lukšas Buch "Partisanen" interessant sein).

 

 

Zvi Gitelman nennt in "Bitter Legacy   Confronting the Holocaust in the USSR"

die Aussagen von Aleksandras Bendinskas, Stabschef der LAF, über die Morde an der Lietukis Garage.

Bendinskas, um es mit einfachen Worten zu sagen, bestätigt mein negatives Urteil über die LAF. Seine Aussagen sind dermassen geheuchelt ("thou shalt not kill"  und "...mit gebrochenen Fingern" und "...sie wurden getötet als Funktionäre und nicht als Vertreter einer Nation" [AK: Judentum], dass es mich anwidert! Alleine die existierenden Fotos zeigen, dass die Opferzahlen weit höher lagen, als die 10 von Bendinskas genannten.

 

Certain security services even today treat in a one-sided way the upris­ing of June 22-25, be., before the entry of the Germans into Kaunas, and the events of June  26-30 (already after the Germans had occupied Lithu­ania).

The uprising which was prepared and carried out by the LAF andpeople who joined them, was doomed. The majority paid for their involve­ment with their lives.

What took place in the Lietukis garage? I hereby testify and assert that there were killed a few more than ten people, or perhaps fewer. The people were murdered cruelly. The very fact that people were killed with­out sentencing by any court, without accusation, by people who were fol­lowing only their passions, cannot be justified either legally or morally.

The fifth commandment says: “Thou shalt not kill.” In regard to how it happened there are no documents on either the one or, apparently, on the other side. Those who prepared the uprising and participated in it can present several facts which explain the prehistory and circumstances of / this painful event.

On June 13, 14, and 15, during the deportation of people from Lithu­ania, trucks were employed from Lietukis and other facilities,. People’s moaning had not yet ceased when on June 17-18 a rumor began circulat­ing about the preparation of still another deportation of people to Siberia on even a grander scale. We staff members of LAF gathered to consider what to do. At that time, at all enterprises and transport facilities groups of “fives” were organized; their task was not to allow the Red Army to blow up water pipes, the power station, telephone exchange, railway bridge, bread bakery, etc., and not to allow the pillaging of enterprises, stores, or the appropriation of means of transport.

What was to be done if war did not break out and the deportations were repeated? It was decided to resist by force. [. . . ] The order was given to the transport “fives” to sabotage as many vehicles as possible.

The fatal day, June 22. The primary evil was Bolshevism, which we already knew. With our own eyes we had seen the mass arrests, the depor­tation of families without trial or accusation. The secondary evil was war.

We had to choose war, i.e., the lesser evil. Although the nucleus of the staff of the LAF consisted of military personnel, in the event of war it did not have strategic plans, maps, and hardly had any weapons. Follow­ing orders, the members of the staff who were responsible for enterprises, institutions, and other facilities, acted automatically. Some “fives” were autonomous. From the beginning of the war they acted independently, in accordance with local circumstances and depending on the situation at the moment. [. . . ]

What occurred on the “side of the Bolsheviks” I and others did not know. But already on the evening of June 22 in the general commotion the Bolsheviks began to flee en masse. But not everyone fled on the first day. Some top security, police, Party and government officials remained to de­stroy documents which testified to their crimes and their scope, the lists of their agents, the direct involvement of Moscow in provocations of that time. Among these zealous ones were Russians, Lithuanians, and Jews. Toward evening on June 23, security personnel (the majority of whom were investigators) also decided to save themselves. They ran to the Lie­tūkis garage for cars. They were caught by one of the “fives,” disarmed and locked up in the garage, since the prison and security departments were not yet fully in our hands. Furthermore, street battles were going on. In some plants and institutions the security departments were broken into and lists were used to find out the names of their heads. Some of these were caught and they also were put into the garage. On June 25, some political prisoners liberated from Soviet jails found out that security personnel were being held in the garage. They came to check this out and recognized some of them. There began something which no one could have foreseen in advance: filled with malice, their backs bloody, driven by revenge, with broken fingers, some had lost their families carried off in train caars to Siberia, the former prisoners killed those held in the garage. They beat them with whatever they found in the garage—with metal bars, with spades, etc. It was a terrible sight! The Lord’s commandment “Thou shalt not kill” was broken. There are people still alive who saw this exe­cution. They are known to me. Neither I nor others whom I know find any justification for this bacchanalia of death.

What kind of people were killed in the Lietūkis garage? Most authors who wrote about this event have presented it as a pogrom of Jews. Was it that in fact? According to my information, the majority of those killed were investigators of the security organs and heads of the “special depart­ments” of enterprises and institutions; they were killed as officials rather than as representatives of a certain nationality. It turned out that a major­ity of the victims were Jews (documents found show this).

One is amazed by the manipulations of authors who in describing this crime continually inflate the figures. At the time of the uprising, people spoke of more than ten killed. Later the Soviet press reported thirty, sub- sequently forty, and recently the respected E. Zilberis’ already mentioned seventy. Only competent legal organs can establish the number killed, the identity of the victims and the circumstances of this horrible event; if necessary—with the participation of foreign observers. All the spots in this ugly incident of our country—the white ones, the black ones, and the red ones—must be clarified.

 

 

Feldpostbrief vom 29. Juni 1941

 

Im Jahre 2016 tauchte eine Sammlung von Feldpostbriefen auf, die der Soldat Heinrich Sandt an seine Frau schrieb. In einem dieser etwa 500 Briefe berichtet Sandt über das Massaker in Kowno und bestätigt alle kontrovers diskutierten Einzelheiten.

Die Anwesenheit von Frauen, schwangere Frauen mit Kindern im Arm, das spielen des Akkordeons. Die Jagd nach Juden in Zusammenarbeit von Litauern und Weißrussen war dagegen neu.

Zum Feldpostbrief geht es ... Feldpostbrief Kaunas 1941.

 

 

 

Da die Wahrheit eine zarte Blüte ist, lohnt es sich, die unterschiedlichen Interpretationen über Luksha in Wikipedia zu lesen. Einmal litauisch im Vergleich zu russisch. Schon erstaunlich!

 

 

 

Quellen: "Schöne Zeiten" Judenmord aus der Sicht der Täter und Gaffer, Holocaust in Litauen, Holocaust Research Project, Alex Faitelson "The Truth and Nothing But the Truth", Bitter Legacy "Confronting theHolocaust in the USSR"

 

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